Autostreit vorm BGH: Müssen Versicherer Kunden die Kosten einer Marken-Werkstatt erstatten oder reicht ein Billiganbieter?
Der Gastronom Isa Ajeti aus Berlin hat Ärger mit seiner Autoversicherung. „Da zahlt man jahrelang Vollkasko-Beiträge, doch wenn es zu einem Schaden kommt, muss man um sein Geld kämpfen“, schimpft der Vater von drei Kindern. „Ich fühle mich ungerecht behandelt.“ Ajeti, der aus Mazedonien stammt und seit 36 Jahren in Berlin lebt, lässt sich nicht kleinkriegen – und zog bis vor den Bundesgerichtshof (BGH). Dort wird sein Fall mit dem Aktenzeichen IV ZR 426/14 am 11. November verhandelt. Das Urteil des IV. Zivilsenats, zuständig für das Versicherungsvertragsrecht, dürfte Millionen Autofahrer interessieren.
Im Kern geht es um die Frage, welche Kosten die Kfz-Versicherung ersetzen muss, wenn der Schaden am Auto gar nicht repariert, sondern fiktiv abgerechnet wird. Hat der Kunde Anspruch darauf, dass ihm die hohen Kosten einer Marken-Fachwerkstatt ersetzt werden? Oder darf die Versicherung Stundenlöhne eines günstigeren Anbieters ansetzen? Im Fall von Isa Ajeti macht dieser Unterschied knapp 3000 Euro aus – Geld, das er nun von der VHV (Vereinigte Hannoversche Versicherung) einklagen will.
Der Ärger begann am 25. Mai 2011. Ajeti, damals noch im Baugewerbe tätig, fuhr mit seinem vier Jahre alten Mercedes-Benz, 224 PS, Neupreis 74 000 Euro, durch Berlin. Er bog in eine enge Seitenstraße, wo ihm ein Auto entgegenkam. Beim Versuch auszuweichen streifte Ajeti einen Lkw, der in der Kurve stand. Dabei wurde die Limousine auf der gesamten Beifahrerseite zerkratzt, eingedellt und teilweise aufgerissen. Der Unglücksfahrer meldete das Malheur seiner Versicherung, die ihrerseits versprach, den Schaden zu ersetzen. Ajeti hätte den Wagen also auf Kosten der VHV reparieren lassen können. Er entschied sich jedoch für etwas anderes: eine Art Entschädigung. Bei dieser Variante lässt der Fahrer ein Gutachten über den Schaden und die zu erwartenden Reparaturkosten anfertigen. Die Versicherung zahlt dem Kunden dann in der Regel den Nettobetrag aus. Der Autobesitzer kann später selbst entscheiden, ob er den Schaden ganz, teilweise oder gar nicht beheben lässt.
Isa Ajeti ließ seinen ramponierten Mercedes begutachten. Die Instandsetzung, urteilte der Sachverständige, würde ohne Mehrwertsteuer 9396 Euro kosten. In der Erwartung, das Geld würde ihm alsbald überwiesen, schickte Ajeti die Forderung an seinen Versicherer. Doch die VHV beauftragte selbst einen Gutachter. Der kam lediglich auf 6425 Euro Reparaturkosten.
Dass die Summe um ein Drittel niedriger ausfiel, hat einen simplen Grund: Der Versicherungsgutachter rechnete mit den Preisen einer regionalen Fachwerkstatt, die für mehrere Automarken zuständig ist. Ajetis Experte hingegen legte die – höheren – Stundensätze einer Mercedes-Fachwerkstatt zu Grunde. „Ich habe mein Auto nachweislich immer in einer Marken-Werkstatt reparieren lassen“, sagt der Unfallfahrer. „Darauf habe ich auch jetzt Anspruch – ob der Schaden behoben wird oder nicht.“
Mit diesem Argument konnte sich Ajeti 2013 vor dem Amtsgericht Berlin durchsetzen, ein Jahr später entschied das Landgericht zu Gunsten der Versicherung. Nun ruhen alle Hoffnungen des 42-Jährigen auf Karlsruhe.